Komitologieverfahren

Reform des Komitologieverfahrens - Revision von Verordnung (EU) Nr. 182/2011

EU-Kommission mahnt Änderungen im Komitologieverfahren an


Am 14. 02. 2017 hat die EU-Kommission einen ► Vorschlag zur Änderung der Verordnung (EU) 182/2011 vorgelegt.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung

(EU) Nr.182/2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten

die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren.

Com (2017) 85 final – 2017/035 COD

                            Ablauf im Komitologieverfahren



Qualifizierte Mehrheit: Stimmen müssen 55 % der Mitgliedsstaaten und  mindestens 65 % der EU-Bevölkerung entsprechen.


Ständiger Ausschuss: Abstimmungsverhalten und Begründungen werden veröffentlicht.


Berufungsausschuss: Abstimmungsverhalten und Begründungen für die Entscheidung werden nicht veröffentlicht. Sie sind geheim!

Veröffentlicht wird nur ob der Vorschlag angenommen, abgelehnt oder keine Entscheidung getroffen wurde.



In den letzten 20 Jahren kam weder im Ständigen Ausschuss für gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel und Umweltrisiken noch im  entsprechenden Berufungsausschuss jemals zu einer Entscheidung, nie wurde eine qualifizierte Mehrheit für die Annahme oder Ablehnung des Vorschlag der Kommission erreicht.



Standing Committee on Plants, Animals, Food and Feed (SCoPAFF)

https://ec.europa.eu/food/plant/standing_committees/sc_modif_genet_en

Berufungsausschuss: Genetically Modified Food and Feed and Environmental Risk

https://ec.europa.eu/food/committees/appeal/gmffer_en

Hintergrund für den Vorschlag ist das Abstimmungsverhalten der Mitgliedsstaaten über Kommissionsvorschläge für Rechtssetzungen (Durchführungsverordnungen). Bei unpopulären und/oder politisch unliebsamen Angelegenheiten, wie z.B. die Zulassung von gentechnisch veränderten Pflanzen oder Pflanzenschutzmitteln können sich die Mitgliedsstaaten in der Regel zu keiner Entscheidung durchringen. Bei den Abstimmungen wird keine „qualifizierte Mehrheit“ erzielt und überlassen die Entscheidung letztlich der Kommission. Sie selbst haben sich vor der Verantwortung gedrückt und den „Schwarzen Peter“ der Kommission zu geschoben.

Bereits im September 2016 mahnte Kommissionspräsident Junker nach der ergebnislosen Abstimmung über die Zulassung bzw. die Ablehnung einer erneuten Zulassung von Glyphosat an: „It is not right that when EU countries cannot decide among themselves whether or not to ban the use of glyphosate in herbicide, the Commission is forced by the Parliament and Council to take a decision. So we will change those rules – because that is not democracy”

Mit dem Vorschlag soll auch das gesamte Verfahren transparenter gemacht werden. Bislang ist das Abstimmungsverhalten der Mitgliedsstaaten im Berufungsausschuss geheim.

Mit dem Vorschlag will nun die Kommission die Mitgliedsstaaten mehr in die Verantwortung bei Entscheidungen nehmen. Hierfür hat die Kommission vier spezifische Änderungsvorschläge gemacht:

  • In der letzten Phase des Ausschussverfahrens (Berufungsausschuss) sollen nur noch die Stimmen berücksichtigt werden, die sich für oder gegen den Kommissionsentwurf aussprechen. Stimmenthaltungen sollen bei der Quotenberechnung nicht mehr berücksichtigt werden.
  • Falls dennoch keine Stellungnahme zu dem Kommissionentwurf zustande kommt, soll der Berufungsausschuss ein weiteres Mal, und zwar auf Ministerebene einberufen werden.
  • Die Abstimmungsergebnisse im Berufungsausschuss sollen veröffentlicht werden, damit Transparenz über Einstellungen der Mitgliedsstaaten zu dem Kommissionentwurf geschaffen werden.
  • Die Kommission soll den Ministerrat um Stellungnahme zu Kommissionsentwürfen anrufen können, bei dem der Berufungsausschuss keine Stellungnahmen abgegeben hat.


Einerseits sollen mit den Änderungen die EU-Mitgliedsstaaten mehr in die Verantwortung bei Zulassungen- bzw. Genehmigungsverfahren (z. B. Inverkehrbringen von gv-Pflanzen und gv-Lebensmitteln oder Wirkstoffen in Pflanzenschutzmitteln) genommen werden. Andererseits soll die Transparenz in den Zulassungsverfahren erhöht werden. Aber das Verfahren wird hiermit bürokratischer und noch langwieriger. Die Entscheidungsfindung wird immer mehr auf die politische Bühne gehoben und die wissenschaftliche Stellungnahme der EFSA immer mehr in den Hintergrund gedrängt. Am Ende wird jedoch die EU-Kommission weiterhin ohne qualifizierte Mehrheit der Mitgliedsstaaten eine Entscheidung treffen müssen.


Der Kommissionvorschlag wird nun vom EU-Parlament und der Rat beraten und sicherlich werden hier noch Änderungen eingebracht.



                                     ► Komitologie-Verfahren - Verordnung (EU) Nr. 182/2011


bgf-Jany 16.02.2017



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