Gentechnikgesetz - GenTG

Gesetz zur Regelung der Gentechnik (Gentechnikgesetz - GenTG)


"Gentechnikgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2066), das zuletzt durch Artikel 95 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist"



Das deutsche Gentechnikrecht umfasst neben dem eigentlichen Gentechnikgesetz (GenTG) noch neun Durchführungs-verordnungen. Diese stellen Ausführungsbestimmungen zum GenTG dar, die unkompliziert an den sich stetig wandelnden Stand von Wissenschaft und Technik angepasst werden können.


Das Gesetz gliedert sich in sieben Teile:

Teil 1: Allgemeine Vorschriften (§ 1 - § 6)

Teil 2: Gentechnische Arbeiten in gentechnischen Anlagen

          (§ 7 - § 12)

Teil 3: Freisetzung und Vorschriften (§ 14 - § 16 c)

Teil 4: Gemeinsame Vorschriften (§ 17 - § 31)

Teil 5: Haftungsvorschriften (§ 32 - § 37)

Teil 6: Straf- und Bußgelder (§ 38 - § 39)

Teil 7: Übergangs- und Schlussvorschriften (§ 41 -42)


Gentechnik-Sicherheitsverordnung (GenTSV)

Gentechnik-Aufzeichnungsverordnung (GenTAufzV)

Gentechnik-Verfahrensverordnung (GenTVfV)

Gentechnik-Anhörungsverfahren (GenTAnhV)

ZKBS-Verordnung (ZKBSV)

Bundeskostenverordnung zum Gentechnikgesetz (BGenTGKostV)

Gentechnik-Beteiligungsverordnung (GenTBetV)

Gentechnik-Notfallverordnung (GenTNotfV)

Gentechnik-Pflanzenerzeugungsverordnung (GenTPflEV)


Ab März 2021 neu: GenTSV: ► Verordnung zur Neuordnung des Rechts über die Sicherheitsstufen und Sicherheitsmaßnahmen bei gentechnischen Arbeiten in gentechnischen Anlagen.

Das GenTG findet ausschließlich Anwendung auf lebende (vermehrungsfähige) GVO entsprechend der Begriffsbestimmung in § 3. Nr. 3.


Teil 1 des GenTG behandelt in den §§ 1 – 6 allgemeinen Vorschriften, wie den Zweck des Gesetzes, legt seinen Anwendungsbereich fest und gibt Begriffsbestimmungen wieder. Letztere entsprechen weitgehend den Definitionen im EU-Recht.


Teil 1 § 1 Zweck des Gesetzes

Zweck dieses Gesetzes ist,

1. unter Berücksichtigung ethischer Werte, Leben und Gesundheit von Menschen, die Umwelt in ihrem Wirkungsgefüge, Tiere,

  Pflanzen und Sachgüter vor schädlichen Auswirkungen gentechnischer Verfahren und Produkte zu schützen und Vorsorge

  gegen das Entstehen solcher Gefahren zu treffen,

2. die Möglichkeit zu gewährleisten, dass Produkte, insbesondere Lebens- und Futtermittel, konventionell, ökologisch oder unter

  Einsatz gentechnisch veränderter Organismen erzeugt und in den Verkehr gebracht werden können,

3. den rechtlichen Rahmen für die Erforschung, Entwicklung, Nutzung und Förderung der wissenschaftlichen, technischen und

  wirtschaftlichen Möglichkeiten der Gentechnik zu schaffen.


Punkt 1 hebt die Gefahrenabwehr und die Anwendung des Vorsorgeprinzip hervor. (Was unter dem Vorsorgeprinzip zu verstehen ist,

   wird im GenTG nicht weiter erläutert)

Punkt 2 betont die Koexistenz der unterschiedlichen Anbauformen in der Landwirtschaft.

Punkt 3 soll die Forschung auf dem Gebiet der Gentechnik ermöglichen.

§ 2 umfasst die Anwendungsbereiche

(1) Dieses Gesetz gilt für

   1. gentechnische Anlagen,

   2. gentechnische Arbeiten,

   3. Freisetzungen von gentechnisch veränderten Organismen

   4. das Inverkehrbringen von Produkten, die gentechnisch

       veränderte Organismen enthalten oder aus solchen

       bestehen; Tiere gelten als Produkte im Sinne dieses

       Gesetzes. 

  (2) ......

  (3) Dieses Gesetz gilt nicht für die Anwendung von gentechnisch

       veränderten Organismen am Menschen. 

  (4) Dieses Gesetz lässt weitergehende Anforderungen an das

       Inverkehrbringen von Produkten nach anderen

       Rechtsvorschriften unberührt.

In § 3 erfolgen Erläuterungen für im GenTG verwendeten Begriffe wie z.B. gentechnisch veränderter Organismus, gentechnische Arbeiten, gentechnische Anlage, Freisetzung, Inverkehrbringen usw. Diese Erläuterungen sollen darlegen, was der Gesetzgeber bzw. das GenTG unter diesen Begriffen versteht (nicht abschließend) und sollen dem Gesetzesunterworfenen als Hilfestellung dienen.


§ 3 Nr. 2: Unter gentechnischem Arbeiten (§ 3 Nr. 2) wird verstanden:

a) die Erzeugung gentechnisch veränderter Organismen, und

b) die Vermehrung, Lagerung, Zerstörung oder Entsorgung sowie der innerbetriebliche Transport gentechnisch veränderter Organismen sowie deren Verwendung in anderer Weise, soweit noch keine Genehmigung für die Freisetzung oder das Inverkehrbringen zum Zweck des späteren Ausbringens in die Umwelt erteilt wurde, verstanden. Alle diese Vorgänge müssen in einer gentechnischen Anlage durchgeführt werden.


§ 3 Nr. 3: Gentechnisch veränderter Organismus

ein Organismus, mit Ausnahme des Menschen, dessen genetisches Material in einer Weise verändert worden ist, wie sie unter natürlichen Bedingungen durch Kreuzen oder natürliche Rekombination nicht vorkommt; ein gentechnisch veränderter Organismus ist auch ein Organismus, der durch Kreuzung oder natürliche Rekombination zwischen gentechnisch veränderten Organismen oder mit einem oder mehreren gentechnisch veränderten Organismen oder durch andere Arten der Vermehrung eines gentechnisch veränderten Organismus entstanden ist, sofern das genetische Material des Organismus Eigenschaften aufweist, die auf gentechnische Arbeiten zurückzuführen sind.

Hierzu sind zusätzlich die Ausführungen in § 3, Nr. 3a, b und c zu beachten. Für das Arbeiten mit Mikroorganismen sind die Abschnitte 3c zur Selbstklonierung von Bedeutung. 

§ 3 Nr. 3 Verfahren der Veränderung genetischen Materials in diesem

    Sinne sind insbesondere


a) Nukleinsäure-Rekombinationstechniken, bei denen durch die Einbringung

    von Nukleinsäuremolekülen, die außerhalb eines Organismus erzeugt

    wurden, in Viren, Viroide, bakterielle Plasmide oder andere Vektorsysteme

    neue Kombinationen von genetischem Material gebildet werden und diese

   in einen Wirtsorganismus eingebracht werden, in dem sie unter natürlichen

   Bedingungen nicht vorkommen,


b) Verfahren, bei denen in einen Organismus direkt Erbgut eingebracht wird,

    welches außerhalb des Organismus hergestellt wurde und natürlicherweise

    nicht darin vorkommt, einschließlich Mikroinjektion, Makroinjektion und

    Mikroverkapselung,


c) Zellfusionen oder Hybridisierungsverfahren, bei denen lebende Zellen mit

   neuen Kombinationen von genetischem Material, das unter natürlichen 

   Bedingungen nicht darin vorkommt, durch die Verschmelzung zweier oder     mehrerer Zellen mit Hilfe von Methoden gebildet werden, die unter   

   natürlichen Bedingungen nicht vorkommen. 


3 b. nicht als Verfahren der Veränderung genetischen Materials

    gelten

    a) In-vitro-Befruchtung,

    b) natürliche Prozesse wie Konjugation, Transduktion, Transformation,

    c) Polyploidie-Induktion,

        es sei denn, es werden gentechnisch veränderte Organismen verwendet

        oder rekombinante Nukleinsäuremoleküle, die im Sinne von den 

        Nummern 3 und 3a hergestellt wurden, eingesetzt.



Weiterhin gelten nicht als Verfahren der Veränderung genetischen

    Materials

    a) Mutagenese und

    b) Zellfusion (einschließlich Protoplastenfusion) von Pflanzenzellen von

         Organismen, die mittels herkömmlicher Züchtungstechniken

         genetisches Material austauschen können, es sei denn, es werden

         gentechnisch veränderte Organismen als Spender oder Empfänger

        verwendet,

3 c. sofern es sich nicht um ein Vorhaben der Freisetzung oder des

   Inverkehrbringens handelt und sofern keine gentechnisch veränderten

   Organismen als Spender oder Empfänger verwendet werden, gelten

   darüber hinaus nicht als Verfahren der Veränderung genetischen Materials

   a) Zellfusion (einschließlich Protoplastenfusion) prokaryotischer Arten, die

       genetisches Material über bekannte physiologische Prozesse

       austauschen,

   b) Zellfusion (einschließlich Protoplastenfusion) von Zellen eukaryotischer

       Arten, einschließlich der Erzeugung von Hybridomen und der Fusion von

       Pflanzenzellen,

   c) Selbstklonierung nicht pathogener, natürlich vorkommender

       Organismen, bestehend aus

     aa) der Entnahme von Nukleinsäuresequenzen aus Zellen eines

           Organismus,

     bb) der Wiedereinführung der gesamten oder eines Teils der

           Nukleinsäuresequenzen (oder eines synthetischen Äquivalents) in

           Zellen derselben Art oder in Zellen phylogenetisch eng verwandter

           Arten, die genetisches Material durch natürliche physiologische

           Prozesse austauschen können, und

     cc) einer eventuell vorausgehenden enzymatischen oder mechanischen

          Behandlung.

Zur Selbstklonierung kann auch die Anwendung von rekombinanten Vektoren zählen, wenn sie über lange Zeit sicher in diesem Organismus angewandt wurden.

§ 3 Nr. 4: Eine gentechnische Anlage (§3 Nr.4) ist eine Einrichtung, in der gentechnische Arbeiten im Sinne der Nummer 2 im

geschlossenen System durchgeführt werden und bei der spezifische Einschließungsmaßnahmen angewendet werden, um den Kontakt der verwendeten Organismen mit Menschen und der Umwelt zu begrenzen und ein dem Gefährdungspotenzial angemessenes Sicherheitsniveau zu gewährleisten.


§3 Nr. 5: Freisetzung, das gezielte Ausbringen von gentechnisch veränderten Organismen in die Umwelt, soweit noch keine

Genehmigung für das Inverkehrbringen zum Zweck des späteren Ausbringens in die Umwelt erteilt wurde,

(Freisetzungen sind stets zeitlich limitiert und auf eine oder mehrere definierte Areale beschränkt.)


§3 Nr. 6: Inverkehrbringen, die Abgabe von Produkten an Dritte, einschließlich der Bereitstellung für Dritte, und das Verbringen

in den Geltungsbereich des Gesetzes, soweit die Produkte nicht zu gentechnischen Arbeiten in gentechnischen Anlagen oder für genehmigte Freisetzungen bestimmt sind; jedoch gelten

a) unter zollamtlicher Überwachung durchgeführter Transitverkehr,

b) die Bereitstellung für Dritte, die Abgabe sowie das Verbringen in den Geltungsbereich des Gesetzes zum Zweck einer

    genehmigten klinischen Prüfung nicht als Inverkehrbringen,

6a: Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen Anwendung, Vermehrung, Anbau, Lagerung, Beförderung und

     Beseitigung sowie Verbrauch und sonstige Verwendung und Handhabung von zum Inverkehrbringen zugelassenen

     Produkten, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten oder daraus bestehen.


(Das BVL ist die zuständige deutsche Behörde in Genehmigungsverfahren für Freisetzungen und zum Inverkehrbringen von GVO, sofern nicht anders durch die EU-Gesetzgebung geregelt. Die Überwachung von in Verkehr gebrachten Erzeugnissen, obliegt der Zuständigkeit der Bundesländer.) 

6b: Risikomanagement


§ 3 Nr. 7: Betreiber, eine juristische oder natürliche Person oder eine nicht rechtsfähige Personenvereinigung, die unter ihrem

Namen eine gentechnische Anlage errichtet oder betreibt, gentechnische Arbeiten oder Freisetzungen durchführt oder Produkte, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten oder aus solchen bestehen, erstmalig in Verkehr bringt; wenn eine Genehmigung nach § 16 Abs. 2 erteilt worden ist, die nach § 14 Abs. 1 Satz 2 das Inverkehrbringen auch der Nachkommen oder des Vermehrungsmaterials gestattet, ist insoweit nur der Genehmigungsinhaber Betreiber,


§ 3 Nr. 8: Projektleiter, eine Person, die im Rahmen ihrer beruflichen Obliegenheiten die unmittelbare Planung, Leitung oder

Beaufsichtigung einer gentechnischen Arbeit oder einer Freisetzung durchführt,


§ 3 Nr.9: Beauftragter für die Biologische Sicherheit, eine Person oder eine Mehrheit von Personen (Ausschuss für Biologische

Sicherheit), die die Erfüllung der Aufgaben des Projektleiters überprüft und den Betreiber berät,


Die Paragraphen 10 bis 13a geben wieder was unter Sicherheitsstufen, Sicherheitsmaßnahmen und Bewirtschafter zu verstehen verstanden wird. 


§ 3 Nr. 14: Den Beschäftigten gemäß § 2 Abs. 2 des Arbeitsschutzgesetzes stehen Schüler, Studenten und sonstige Personen, die

gentechnische Arbeiten durchführen, gleich.


§ 4 Kommission für die Biologische Sicherheit - § 5 Aufgaben der Kommission

Diese Paragraphen bilden die rechtliche Grundlage für die Einsetzung der Kommission für die Biologische Sicherheit (ZKBS) und beschreiben ihre Aufgaben.  Die Kommission prüft und bewertet sicherheitsrelevante Fragen nach den Vorschriften dieses Gesetzes, gibt hierzu Empfehlungen und berät die Bundesregierung und die Länder in sicherheitsrelevanten Fragen zur

https://www.zkbs-online.de/ZKBS/DE/Home/home_node.html


§ 6 Allgemeine Sorgfalts- und Aufzeichnungspflichten, Gefahrenvorsorge

(3) Über die Durchführung gentechnischer Arbeiten und von Freisetzungen hat der Betreiber Aufzeichnungen zu führen und der zuständigen Behörde auf ihr Ersuchen vorzulegen. Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates nach Anhörung der Kommission die Einzelheiten über Form und Inhalt der Aufzeichnungen und die Aufbewahrungs- und Vorlagepflichten.

(4) Wer gentechnische Arbeiten oder Freisetzungen durchführt, ist verpflichtet, Projektleiter sowie Beauftragte oder Ausschüsse für Biologische Sicherheit zu bestellen.

(Dies bedeutet auch, ihnen die entsprechenden Fortbildungen zu ermöglichen.)

________________________________

Das GenTG bezieht sich wie bereits oben erwähnt nur auf lebende GVO. Daher stellt die Isolierungen von DNA aus konventionellen Organismen, oder die Vermehrung/Nachweis von DNA-Bereichen mit Hilfe der PCR keine gentechnische Arbeit das. Ebenso ist die Isolierung von Stoffen aus inaktivierten gentechnisch veränderten Mikroorganismen (GMMO) keine gentechnische Arbeit dar. Die Fermentation von GMMO jedoch stellt eine gentechnische Arbeit dar und muss in einer gentechnischen Anlage durchgeführt werden.

Mit Blick auf das EuGH-Urteil C-528/16 vom 28.06.2018 stellt die Verwendung neuen Mutageneseverfahren (CRISPR/Cas, TALEN,) gentechnische Arbeiten dar, während die Anwendung konventionelle Verfahren mit ionisierenden Strahlen oder mutagener Chemikalien keine gentechnische Arbeit ist. 

Teil 2: Gentechnische Arbeiten in gentechnischen Anlagen


§ 7 Sicherheitsstufen, Sicherheitsmaßnahmen

(1) Gentechnische Arbeiten werden in vier Sicherheitsstufen eingeteilt:

Der Sicherheitsstufe 1 sind gentechnische Arbeiten zuzuordnen, bei denen nach dem Stand der Wissenschaft nicht von einem Risiko für die menschliche Gesundheit und die Umwelt auszugehen ist.

Der Sicherheitsstufe 2 sind gentechnische Arbeiten zuzuordnen, bei denen nach dem Stand der Wissenschaft von einem geringen Risiko für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt auszugehen ist.

Der Sicherheitsstufe 3 sind gentechnische Arbeiten zuzuordnen, bei denen nach dem Stand der Wissenschaft von einem mäßigen Risiko für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt auszugehen ist.

Der Sicherheitsstufe 4 sind gentechnische Arbeiten zuzuordnen, bei denen nach dem Stand der Wissenschaft von einem hohen Risiko oder dem begründeten Verdacht eines solchen Risikos für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt auszugehen ist.

(Ab März 2021: GenTSV: ► Verordnung zur Neuordnung des Rechts über die Sicherheitsstufen und Sicherheitsmaßnahmen bei gentechnischen Arbeiten in gentechnischen Anlagen.)


In den weiteren Paragraphen wird die Genehmigung, Anzeigen und Anmeldung sowie das Genehmigungsverfahren für gentechnische Arbeiten und Anlagen geregelt. 


Zuständig für Anzeigen, Anmeldungen und Genehmigungen gentechnischer Arbeiten und Anlagen in Deutschland sind die Bundesländer. Bei gentechnischen Arbeiten und Anlagen der Sicherheitsstufen 3 und 4 oder bei gentechnischen Arbeiten und Anlagen der Sicherheitsstufen 1 und 2, bei welchen die Einstufung strittig ist, wird die Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit (ZKBS) beteiligt.

Teil 3: Freisetzung und Inverkehrbringen


Nach § 14 bedarf das Freisetzen von GVO und das Inverkehrbringen von Erzeugnissen, die aus GVO bestehen oder GVO enthalten einer Genehmigung durch die zuständige Bundesoberbehörde, hier das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit  (BVL). § 15 regelt die Formalitäten für die Beantragung einer Genehmigung auf Freisetzung oder Inverkehrbringung eines GVO. § 16 legt die Kriterien für die Genehmigung einer Freisetzung oder Inverkehrbringung fest.


Der Antragsteller, der in Deutschland beabsichtigt,  GVO für experimentelle Zwecke freizusetzen oder ein Erzeugnis, das aus einem GVO besteht oder enthält , stellt beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) den entsprechenden Antrag. Der Antrag sollte alle erforderlichen Angaben nach § 15, 1  (Freisetzung) bzw. 15, 3  (Inverkehrbringen) TG enthalten. Das BVL informiert die EU-Kommission und die EU-Mitgliedsstaaten über die Antragsstellung. Das BVL überprüft gemeinsam mit den Bundesbehörden (Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), Robert-Koch-Institut (RKI), Bundesamt für Naturschutz (BfN)) auf Vollständigkeit und Bewertbarkeit der Unterlagen. Falls notwendig, werden Ergänzungen und weitere Unterlagen angefordert.

§ 15, 1

1. den Namen und die Anschrift des Betreibers,

2. die Beschreibung des Freisetzungsvorhabens hinsichtlich seines Zweckes

    und Standortes, des Zeitpunktes und des Zeitraums,

3. die dem Stand der Wissenschaft entsprechende Beschreibung der sicher-

    heitsrelevanten Eigenschaften des freizusetzenden Organismus und der

    Umstände, die für das Überleben, die Fortpflanzung und die Verbreitung

    des Organismus von Bedeutung sind; Unterlagen über vorangegangene

    Arbeiten in einer gentechnischen Anlage und über Freisetzungen sind   

    beizufügen,

4. eine Risikobewertung nach § 6 Abs. 1 und eine Darlegung der vorge-

    sehenen Sicherheitsvorkehrungen,

4a. einen Plan zur Ermittlung der Auswirkung des freizusetzenden

    Organismus auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt,

5. eine Beschreibung der geplanten Überwachungsmaßnahmen sowie

    Angaben über entstehende Reststoffe und ihre Behandlung sowie über

    Notfallpläne,

6. eine Zusammenfassung der Antragsunterlagen gemäß der Entscheidung

    2002/813/EG des Rates vom 3.

Oktober 2002 zur Festlegung – gemäß Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates – des Schemas für die Zusammenfassung der Information zur Anmeldung einer absichtlichen Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt zu einem anderen Zweck als zum Inverkehrbringen..


§ 15, 3

Wer einen Antrag auf Genehmigung des Inverkehrbringens stellt, muss in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässig sein oder einen dort ansässigen Vertreter benennen. Dem Antrag sind die zur Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen erforderlichen Unterlagen beizufügen.

1. den Namen und die Anschrift des Betreibers,

2. die Bezeichnung und eine dem Stand der Wissenschaft entsprechende

    Beschreibung des in Verkehr zu bringenden Produkts im Hinblick auf die 

    gentechnisch veränderten spezifischen Eigenschaften; Unterlagen über

    vorangegangene Arbeiten in einer gentechnischen Anlage und über

    Freisetzungen sind beizufügen,

3. eine Beschreibung der zu erwartenden Verwendungsarten und der

    geplanten räumlichen Verbreitung,

3a. Angaben zur beantragten Geltungsdauer der Genehmigung,

4. eine Risikobewertung nach § 6 Abs. 1 einschließlich einer Darlegung der

    möglichen schädlichen Auswirkungen,

5. eine Beschreibung der geplanten Maßnahmen zur Kontrolle des weiteren

    Verhaltens oder der Qualität des in Verkehr zu bringenden Produkts, der

    entstehenden Reststoffe und ihrer Behandlung sowie der Notfallpläne,

5a. einen Beobachtungsplan unter Berücksichtigung der Beobachtungspflicht

    nach § 16c einschließlich der Angaben zu dessen Laufzeit,

6. eine Beschreibung von besonderen Bedingungen für den Umgang mit dem

    in Verkehr zu bringenden Produkt und einen Vorschlag für seine

    Kennzeichnung und Verpackung,

7. eine Zusammenfassung der Antragsunterlagen gemäß der Entscheidung

    2002/812/EG des Rates vom 3. Oktober 2002 zur Festlegung - gemäß

    Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates

   - des Schemas für die Zusammenfassung der Anmeldeinformationen zum

    Inverkehrbringen genetisch veränderter Organismen als Produkte oder in

    Produkten.

Für die weitere Bearbeitung und zur Entscheidungsfindung werden Stellungnahmen von der Zentralen Kommission für die Biologische Sicherheit (ZKBS), dem Julius Kühn-Institut (JKI) und von Länderbehörden eingeholt und Benehmen mit den Bundebehörden hergestellt. Die Öffentlichkeit wird über die geplante Freisetzung informiert und kann begründete Einwendungen an das BVL stellen.

Das BVL entscheidet über den Antrag. Geht nach Kenntnisstand der Wissenschaft von dem GVO keine Gefahren für Mensch und Umwelt aus, so ist der Antrag positiv zu entscheiden. Der Bescheid wird dem Antragsteller als auch der zuständigen Landesbehörde übermittelt. Mit dem positiven Bescheid kann der Antragsteller entsprechend den gesetzlichen Vorgaben die Freisetzung mit dem genehmigten GVO an dem (den) beantragten Standort(en) für den genehmigten Zeitraum durchführen. Der Bescheid kann zusätzliche Auflagen über Beobachtung des GVO und seine Absicherung gegenüber der Umwelt und vor Unbefugten (z.B. Menschen, Tieren usw.) enthalten.

Sicherheitskonzept (hier für freigesetzte gv-Pflanzen)


  • Abhängig von der Pflanzenart (z.B. Raps, Kartoffel)
  • Abhängig von der gentechnischen Veränderung bzw. von dem Genkonstrukt
  • Maßnahmen: Sachkundenachweis, Berichtspflicht, Überwachung von Pollenflug, möglichen Kreuzungspartner, Mantelsaaten
  • Maßnahmen: Erntegut-Lagerung und Inaktivierung, Maschinenreinigung



Der Landesbehörde obliegt die Überwachung. Produkte aus dem freigesetzten GVO oder der freigesetzte GVO dürfen nicht als Lebens- oder Futtermittel in Verkehr gebracht werden. Für weitere Untersuchungen in gentechnischen Anlagen ist jedoch eine Abgabe an Dritte erlaubt.


Bei diesem Verfahren fungiert das BVL sowohl als Risikobewerter als auch als Risikomanager. Die Trennung ist nicht ganz eindeutig. Das BVL wird in der Risikobewertung von den Bundebehörden und Landesbehörden unterstützt. Die Entscheidung über den Antrag fällt das BVL unabhängig von ihnen. Politische Einflussnahme auf Entscheidungen des BVL ist generell nicht auszuschließen.

§ 16a Standortregister


Das Standortregister soll Verbraucher/Öffentlichkeit über Freisetzungen/Anbau von GVO informieren und die Möglichkeiten des Schutzes der Umwelt sowie der Rechtsgüter aus §1, Nr. 1und 2 verbessern.


Jede Freisetzung von GVO, jede Anbaufläche, sei es für Forschungszwecke oder den kommerziellen Anbau, muss dem BVL frühzeitig zur Eintragung in das Standortregister gemeldet werden. Das BVL verwaltet das Standortregister und muss es nach §16a, Abs. 4 allgemein zugänglich machen (► Standortregister). 


Freisetzung: Die genehmigte Freisetzung des GVO muss spätestens drei Werktage vor der eigentlichen Ausbringung ins Freiland dem BVL gemeldet werden (§16a, Nr. 2).


Anbau: Für den kommerziellen Anbau eines genehmigten GVO muss der Betreiber / Landwirt die Meldung an das BVL spätestens drei Monate vor Aussaat durchführen (§16a, Abs.3).

§16a, Nr. 2

  1. die Bezeichnung des gentechnisch veränderten Organismus,

  2. seine gentechnisch veränderten Eigenschaften,

  3. das Grundstück der Freisetzung sowie die Größe der

      Freisetzungsfläche,

  4. den Freisetzungszeitraum.

§16a, Abs. 3

  1. die Bezeichnung und den spezifischen Erkennungsmarker des

      gentechnisch veränderten Organismus,

  2. seine gentechnisch veränderten Eigenschaften,

  3. den Namen und die Anschrift desjenigen, der die Fläche bewirtschaftet,

  4. das Grundstück des Anbaus sowie die Größe der Anbaufläche.

§ 16a, Abs. 4

Der allgemein zugängliche Teil des Registers umfasst:

    1. die Bezeichnung und den spezifischen Erkennungsmarker des gentechnisch veränderten Organismus,

    2. seine gentechnisch veränderten Eigenschaften,

    3. das Grundstück der Freisetzung oder des Anbaus sowie die Flächengröße.


Auskünfte aus dem allgemein zugänglichen Teil des Registers werden im Wege des automatisierten Abrufs über

das Internet erteilt.

Nach § 16a, Abs 5 können Betroffene/Interessierte bei berechtigten und glaubhaften Anliegen beim BVL einen Antrag auf weitere Auskünfte über den Betreiber/Landwirt und dem Flurstück-Nummer der Anbaufläche aus dem Grundbuchregister erhalten.

(Letzteres gilt gerade im Fall einer Haftbarkeit, falls ein Nachbar seine Erzeugnisse nicht mehr als „ohne Gentechnik“ vertreiben kann. Siehe hier auch § 32 und §36a.

(Das Standortregister hat in den Jahren 2006-2012 vornehmlich Gentechnikgegnern und militanten Umweltschützern als Informationsquelle für Feldzerstörungen gedient. Seit 2014 sind keine Freisetzungen an das  BVL gemeldet wurden. Es befinden sich daher auch keine Einträge mehr im Standortregister. )

§ 16b Umgang mit in Verkehr gebrachten Produkten

§ 16b kann auch mit dem Term „Gute fachliche Praxis“ umschrieben werden. § 16b muss mit der ► Verordnung über die gute fachliche Praxis bei der Erzeugung gentechnisch veränderter Pflanzen (Gentechnik-Pflanzenerzeugungsverordnung – GenTPfEV) gesehen werden. Sie regelt die Grundsätze der /Maßnahmen für die gute(n) fachlichen Praxis im Sinne von §16b, Abs.3 genauer.

Zur guten fachlichen Praxis gehören...

Anbau: Ergreifen von Maßnahmen zur Verhinderung von

     GVO- Einträgen bei Anbau und Ernte auf andere Grundstücke,

     Auskreuzungen in andere Kulturen und in Wildpflanzen

     Durchwuchs

     Maßnahmen zur Einhaltung von Mindestabständen, Sortenwahl, Nutzung

     natürlichen Pollenbarrieren

      Aufzeichnungen über GVO-Sorte, die Schläge,

     die pflanzenbauliche  Maßnahmen auch nach Beendigung des Anbaus

Lagerung: Verhinderung von Durchmischungen, räumliche Trennung von

     GVO und Nicht-GVO

     Reinigung der Behältnisse und Lagerstätten

Beförderung: Verhinderung von Verlusten sowie von Vermischungen /

     Vermengungen, räumliche Trennung, Reinigung der Transportmittel


Gentechnik-Pflanzenerzeugungsverordnung – GenTPflEV

Regelungen

    zu einer nachbarschaftlichen Mitteilungspflicht und Anfragepflicht (§ 3, 5)

     zum Umgang von GVO bei Ernte, Transport und Lagerung (§6, 7, 9)

     zum Durchwuchs (§ 10, teils §11) (nicht nur die Felder müssen

     beobachtet werden!)


Anhang: Pflanzenspezifische Vorgaben

    Abstandsregelungen: Mais 150 m zu konventionellen Maisanbauflächen,

    300 m zu Feldern ökologischen Anbau von konventionellem Mais 

    Durchwuchs

    Fruchtfolge


Der Anhang bezieht generell auch Mais, wobei Mais MON 810 gemeint ist. In den meisten Mitgliedsstaaten ist über einzelstaatliche Regelungen der Anbau von Mais MON 810 verboten.

Gute fachliche Praxis bedeutet letztlich: Erforderliche Maßnahmen für den Umgang mit gentechnisch veränderten Pflanzen zum Schutz von ökologisch und konventionell wirtschaftenden Betrieben. Wer mit GVO umgeht (§16b, Abs. 4) muss Zuverlässigkeit, notwendige Kenntnisse und Fertigkeiten sowie die erforderliche Ausstattung besitzen, um die Vorsorgepflicht nach §16b, Abs. 1 erfüllen zu können.

§25 Überwachung, Auskunfts- Duldungspflichten


(1) Die zuständigen Behörden haben die Durchführung dieses Gesetzes, der

      auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen, der

      unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften der        Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes und der

      darauf beruhenden behördlichen Anordnungen und Verfügungen zu

      überwachen.


§31 Zuständige Behörden und zuständige Bundesober-

     behörde

Die zur Ausführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden bestimmt die nach Landesrecht zuständige Stelle, mangels einer solchen Bestimmung die Landesregierung; diese kann die Ermächtigung weiter übertragen. Zuständige Bundesoberbehörde ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit.

Teil 5 Haftungsvorschriften

§32 Haftung

(1) Wird infolge von Eigenschaften eines Organismus, die auf gentechnischen Arbeiten beruhen, jemand getötet, sein Körper oder

     seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Betreiber verpflichtet, den daraus entstehenden Schaden zu

     ersetzen.

(2) Sind für denselben Schaden mehrere Betreiber zum Schadensersatz verpflichtet, so haften sie als Gesamtschuldner. Im Verhältnis

     der Ersatzpflichtigen zueinander hängt, soweit nichts anderes bestimmt ist, die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu

     leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist; im

     Übrigen gelten die §§ 421 bis 425 sowie § 426 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.


Die Paragraphen §33–36 folgen weitegehend dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Gentechnisch-spezifisch ist

§36a Ansprüche bei Nutzungsbeeinträchtigungen.

(1) Die Übertragung von Eigenschaften eines Organismus, die auf gentechnischen Arbeiten beruhen, oder sonstige Einträge von

     gentechnisch veränderten Organismen stellen eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne von § 906 des Bürgerlichen

     Gesetzbuchs dar, wenn entgegen der Absicht des Nutzungsberechtigten wegen der Übertragung oder des sonstigen Eintrags

     Erzeugnisse insbesondere

1. nicht in Verkehr gebracht werden dürfen oder

2. nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder nach anderen Vorschriften nur unter Hinweis auf die gentechnische Veränderung gekennzeichnet in den Verkehr gebracht werden dürfen oder

3. nicht mit einer Kennzeichnung in den Verkehr gebracht werden dürfen, die nach den für die Produktionsweise jeweils geltenden Rechtsvorschriften möglich gewesen wäre.

(2) Die Einhaltung der guten fachlichen Praxis nach § 16b Abs. 2 und 3 gilt als wirtschaftlich zumutbar im Sinne von § 906 des

     Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(3) Für die Beurteilung der Ortsüblichkeit im Sinne von § 906 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kommt es nicht darauf an, ob die

     Gewinnung von Erzeugnissen mit oder ohne gentechnisch veränderte Organismen erfolgt.

(4) Kommen nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls mehrere Nachbarn als Verursacher in Betracht und lässt es sich nicht

      ermitteln, wer von ihnen die Beeinträchtigung durch seine Handlung verursacht hat, so ist jeder für die Beeinträchtigung 

      verantwortlich. Dies gilt nicht, wenn jeder nur einen Teil der Beeinträchtigung verursacht hat und eine Aufteilung des Ausgleichs

      auf die Verursacher gemäß § 287 der Zivilprozessordnung möglich ist.


§36a, Abs 4 legt die gesamtschuldnerische Haftung für alle GVO-Anbauer in der Region fest und dies auch bei Einhaltung der „Guten fachlichen Praxis“. Allein der Anbau eines GVO führt zu Schadensersatzansprüchen, wenn Schäden entsprechend §36a, Abs. 1 auftreten. Hier sind die Schwellenwerte für GVO-Einträge über 0,9% zu beachten, aber wenn wirtschaftliche Schäden nachgewiesen werden, muss auch eine Entschädigung bei GVO-Einträgen unter 0,9% erfolgen.


Teil 6 und Teil 7 wird nicht eingegangen.


Zu den Gentechnik-spezifischen Regelungen gehört auch das Gesetz zur Durchführung der Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union auf dem Gebiet der Gentechnik und über die Kennzeichnung ohne Anwendung gentechnischer Verfahren hergestellter Lebensmittel ( ► EG-Gentechnik-Durchführungsgesetz - EGGenTDurchfG )



bgf-Jany 30.12.2020



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