Mikroorganismen

Mikroorganismen in der Lebensmittelherstellung und Verarbeitung

Unter dem Begriff „Mikroorganismen“ werden hier Bakterien, filamentösen Pilze und Hefen zusammengefaßt.

Mikroorganismen werden 


 •      zur fermentativen Gewinnung von Enzymen und Zusatzstoffen sowie


 •      als Starter-, Schutz- und Indikatorkulturen


in der Lebensmittelherstellung und -verarbeitung eingesetzt.


Die fermentative Gewinnung von Stoffen erfolgt in der Regel in geschlossenen Systemen (https://www.biotech-enzymes.com). Die Zulassungs- und Genehmigungsverfahren für das Arbeiten mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen in geschlossenen Systemen obliegen den EU-Mitgliedsstaaten.  Das Inverkehrbringen der isolierten Stoffen wird seit 2009 auf europäischer Ebene nach dem ►"Food Improvement Agent Package (FIAP) geregelt. Stoffe, die mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen fermentativ gewonnen werden, unterliegen in der Regel keiner gentechnik-spezifischen Kennzeichnung.

Lebensmittelrechtlicher Status von Lebensmittelkulturen

 

Diskussionspapier der Arbeitsgruppe Zusatzstoffe

Stand: 3. November 2023

 

Die AG Zusatzstoffe der LChG der GDCh hat am 3. November 2023 den lebensmittelrechtlichen Status von Lebensmittelkulturen diskutiert. Folgende Aspekte können zusammenfassend als Ergebnis der Diskussion festgehalten werden:


  • Die Notwendigkeit, Lebensmittelkulturen von Grund auf einem neuen Regulierungsansatz zu unterwerfen, wird in der AG hinterfragt. Lebensmittelkulturen unterliegen bereits jetzt dem allgemeinen europäischen Lebensmittelrecht, ihr Einsatz ist sicher und sie werden nach derzeitiger Praxis nach den Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 in der Zutatenliste des Endproduktes gekennzeichnet. Viele dieser Mikroorganismen haben QPS (Qualified presumption of safety) Status).


  • Die Einstufung bestimmter Lebensmittelkulturen als Zusatzstoffe wird als ungeeignet angesehen. Lebensmittelkulturen werden immer auch zu technologischen Zwecken einge-setzt. Aus Sicht der AG eignet sich der technologische Zweck alleine nicht als Kriterium zur Klassifizierung (Artikel 3 (2) a) Verordnung (EG) Nr. 1333/2008). Es sind alle Kriterien zur Einstufung von Zusatzstoffen nach Art. 3 der VO (EG) Nr. 1333/2008 zu beachten.

 

Darüber hinaus gilt es zwischen Lebensmittelkulturen und Fermentaten zu unterscheiden.

 

Lebensmittelkulturen, die dazu bestimmt sind, Lebensmitteln zugesetzt zu werden, sind lebende, aktive Mikroorganismen [ 2]. Bei der Herstellung der Lebensmittelkulturen wird das Fermentationsmedium, einschließlich entstandener Stoffwechselprodukte, von den Lebensmittelkulturen abgetrennt. Lebensmittelkulturen werden somit nur in konzentrierter Form (min. 108 KbE/g für Bakterienkulturen) in Verkehr gebracht.


Die Wirkung von Lebensmittelkulturen basiert auf den Stoffwechselvorgängen der lebenden Mikroorganismen im oder auf dem Lebensmittel.

 

Fermentate sind Präparate, in denen Stoffwechselprodukte von Mikroorganismen, die während einer Fermentation in dafür vorgesehenen Anlagen entstehen, in angereicherter Form in Verkehr gebracht werden. Werden diese Fermentate als Lebensmittelzutat zu technologischen Zwecken eingesetzt, sollte geprüft werden, inwieweit sie den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 unterliegen.

 

Wird seitens der EU-Kommission dennoch regulatorischer Handlungsbedarf in Bezug auf Lebensmittelkulturen gesehen, sollte der QPS-Status der eingesetzten Mikroorganismen bei der Sicherheitsbewertung in Form eines vereinfachten Verfahrens berücksichtigt werden [ 3]. Die in der Praxis bereits seit vielen Jahren etablierten Begriffe bei der Kennzeichnung von Lebensmittelkulturen (Reifekultur, Starterkultur, Schutzkultur) sollten im Sinne einer konsistenten und nachvollziehbaren Verbraucherinformation beibehalten werden.


1 BIOHAZ Panel (2023): Scientific Opinion on the update of the list of qualified presumption of safety (QPS)

   recommended microorganisms intentionally added to food or feed as notified to EFSA. EFSA Journal 21 (1): 7747,

   23 pp. https://doi.org/10.2903/j.efsa.2023.7747

2 European Food & Feed Cultures Association (EFFCA): Definition of Food Cultures

   https://effca.org/microbial-cultures/about-food-cultures/

3 DFG Senatskommission zur gesundheitlichen Bewertung von Lebensmitteln SKLM: Mikrobielle Kulturen für

   Lebensmittel (Endfassung vom 29.03.2010). https://t1p.de/i03lh 



Ballester, A.R., Roqué, M., Ricci-Cabello, I., Rotger, A., Malih, N. (2023): Horizon scanning on microorganisms and their

products obtained by new developments in biotechnology. EFSA supporting publication 20 (12):EN-8503, 65 pp. doi:10.2903/sp.efsa.2023.EN-8503

Background: The aim of this horizon scanning is to map applications of new genomic techniques (NGTs) developed after Directive 2001/18/EC to obtain genetically modified microorganisms (GMMs) of categories 3 and 4, with an application to the agri-food and feed sectors; as well as understanding their relevant safety and risk assessment aspects.

Methods: The review comprised systematic comprehensive searches for the identification of relevant applications: i) structured electronic searches in Medline, EMBASE, and Web of Science, and ii) searches in on-line resources, including websites of companies, regulatory agencies, patents, and registries.

Results: We identified 35GMMs meeting the eligibility criteria. An evidence table (available in a separate file) offers a detailed description of their characteristics. Most of the GMMs were developed or commercialised by institutions in China or USA (14and 10cases, respectively). Of the 35GMMs identified, 11were bacteria, 22yeasts, one fungal endophyte, and one microalga. As for use, 30 GMMs were used as (or as a source of) food or food additives, three as (or as a source of) feed or feed additives, and two for agricultural purposes. Eight GMMs are already commercialized, 9 are published in patent applications, and 18 are under development. When considering the purpose of the new traits introduced, 10GMMs modify flavours in food; 10 increase the bioproduction of compounds; seven improve food profile/composition; two boost immunity/reduce toxicity in feed additives; five optimize food production processes, and one increases nitrogen-fixation as fertiliser. Only three identified GMMs have been subjected to an authorisation process by national or international authorities, and risk assessment studies are scarcely available. The findings of this horizon scan illustrate the growing worldwide adoption of NGTs in producing GMMs for application in the food and feed sectors

https://efsa.onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.2903/sp.efsa.2023.EN-8503

 



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