Archiv - Aktuelles

Archiv zu den aktuellen Themen der letzten Jahre (2016-2020)

Archiv: Aktuelles und Wissenswertes zur gentechnischen Veränderungen bei  Mikroorganismen, Pflanzen und Tieren
(GVO), Genome Editing, Gentechnik und Lebensmittelbiotechnologie: Anwendungen, Nachrichten, Stellungnahmen, Gesetze und Gerichtsurteilen (EuGH)


Philippinen lassen den „Golden Rice“ für den kommerziellen Anbau zu

Am Mittwoch, 21. Juli 2021, hat das Bureau of Plant Industry des philippinischen Landwirtschaftsministeriums den „Goldenen Reis“ (event GR 2E) für den kommerziellen Anbau zugelassen. Damit können -sobald genügend Saatgut zur Verfügung steht - philippinische Landwirte den Goldenen Reis frei und vermarkten. Bereits 2019 wurde dieser Reis in den Philippinen als sicher bewertet und als Lebensmittel zugelassen. Gegenwärtig wurde der Goldene Reis in Australien, Neu Zealand, Kanada und den USA als Lebensmittel zugelassen.

 

Der Goldene Reis synthetisiert in seinem Endosperm ß-Carotin (ca. 11 mg /kg), die Vorstufe für Vitamin A. Diese Menge ist hinreichend für eine Versorgung mit Vitamin A und beugt der Erblindung von Kindern vor.


Der Goldene Reis wurde ab 1980 von den Professoren I. Potrykus und P. Beyer an der ETH-Zürich entwickelt und dann vom IRRI 2001 lizenziert und zur Marktreife entwickelt.   


Golden Rice Biosafety Assessments Published

http://www.goldenrice.org/


Zeit-online: Philippinen genehmigen gentechnisch veränderten goldenen Reis

https://www.zeit.de/wissen/2021-07/philippinen-gentechnik-goldener-reis-entwicklungslaender-ernaehrung?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.de%2F


23.07.2021


Nobelpreis für Chemie 2020 - Die Auszeichnung für Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna 


Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna haben 2020 den Nobelpreis für Chemie erhalten (07.10.2020). Die beiden Wissenschaftlerinnen wurden für ihre bahnbrechenden Forschungen zum Crispr/Cas9 System - der Genschere - ausgezeichnet. Für die den Nobelpreis sind die Forschungen sind noch jung (2011, 2012), aber es war ein Preis mit Ansage. Bereits für die letzten vier Jahre wurde jeweils der Preis erwartet. Ihre Forschungsergebnisse haben die Möglichkeiten der Genveränderungen revolutioniert und ihre Anwendungen können in vielen Bereichen vorteilhaft angewandt werden.


Deltcheva E., Chylinski K., Sharma C.M., Gonzales K., Chao Y., Pirzada Z.A., Eckert M.R., Vogel J., Emmanuelle Charpentier

(2011): CRISPR RNA maturation by trans-encoded small RNA and host factor RNase III. Nature 471(7340), 602–607 | doi:10.1038/nature09886

CRISPR/Cas systems constitute a widespread class of immunity systems that protect bacteria and archaea against phages and plasmids, and commonly use repeat/spacer-derived short crRNAs to silence foreign nucleic acids in a sequence-specific manner. Although the maturation of crRNAs represents a key event in CRISPR activation, the responsible endoribonucleases (CasE, Cas6, Csy4) are missing in many CRISPR/Cas subtypes. Here, differential RNA sequencing of the human pathogen Streptococcus pyogenes uncovered tracrRNA, a trans-encoded small RNA with 24-nucleotide complementarity to the repeat regions of crRNA precursor transcripts. We show that tracrRNA directs the maturation of crRNAs by the activities of the widely conserved endogenous RNase III and the CRISPR-associated Csn1 protein; all these components are essential to protect S. pyogenes against prophage-derived DNA. Our study reveals a novel pathway of small guide RNA maturation and the first example of a host factor (RNase III) required for bacterial RNA-mediated immunity against invaders.

https://www.nature.com/articles/nature09886


Jinek M., Chylinski K., Fonfara I., Hauer M., Jennifer A. Doudna and Emmanuelle Charpentier (2012): A Programmable

Dual-RNA–Guided DNA Endonuclease in Adaptive Bacterial Immunity. Science 337 (6096), 816-821 | DOI: 10.1126/science.1225829

Clustered regularly interspaced short palindromic repeats (CRISPR)/CRISPR-associated (Cas) systems provide bacteria and archaea with adaptive immunity against viruses and plasmids by using CRISPR RNAs (crRNAs) to guide the silencing of invading nucleic acids. We show here that in a subset of these systems, the mature crRNA that is base-paired to trans-activating crRNA (tracrRNA) forms a two-RNA structure that directs the CRISPR-associated protein Cas9 to introduce double-stranded (ds) breaks in target DNA. At sites complementary to the crRNA-guide sequence, the Cas9 HNH nuclease domain cleaves the complementary strand, whereas the Cas9 RuvC-like domain cleaves the noncomplementary strand. The dual-tracrRNA: crRNA, when engineered as a single RNA chimera, also directs sequence-specific Cas9 dsDNA cleavage. Our study reveals a family of endonucleases that use dual-RNAs for site-specific DNA cleavage and highlights the potential to exploit the system for RNA-programmable genome editing.

https://science.sciencemag.org/content/337/6096/816


Was ist CRISPR/Cas? https://www.wgg-ev.de/infos/neue-zuechtungstechniken/crispr-cas/


Einige Anwendungsbeispiele im Forschungsbereich: https://www.wgg-ev.de/aktuelles/projektbeispiele/


CRISPR/Cas - Genome Editing - Eine Wissenschaft hochgeehrt - Anwendungen in der EU weitgehend unerwünscht


Häusling M.: „Anbausysteme ändern – nicht einzelne Pflanzen!“

„Genome Editing“ darf in Europa nicht erlaubt werden, warnt der grüne EU-Abgeordnete Martin Häusling

https://www.grueneliga-berlin.de/publikationen/der-rabe-ralf/aktuelle-ausgabe/anbausysteme-aendern-nicht-einzelne-pflanzen/

TestBiotech: CRISPR/Cas: Nobelpreis für die Büchse der Pandora / Testbiotech warnt vor Hype um Neue Gentechnik

https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2020-10/50896279-crispr-cas-nobelpreis-fuer-die-buechse-der-pandora-testbiotech-warnt-vor-hype-um-neue-gentechnik-007.htm

Domradio: Ethiker über Chemie-Nobelpreis für Genom-Editierung "Jede Technik kann zweischneidig sein"

Der Chemie-Nobelpreis geht in diesem Jahr an die Erfinderinnen von CRISPR/Cas, einer Methode zur Genom-Editierung. Aber sind Eingriffe in die Gene nicht auch ethisch problematisch? Ethikratsmitglied Andreas Lob-Hüdepohl warnt.

https://www.domradio.de/themen/ethik-und-moral/2020-10-08/jede-technik-kann-zweischneidig-sein-ethiker-ueber-chemie-nobelpreis-fuer-genom-editierung


08.10.2020


Änderung der US-Regulierung für gentechnisch veränderte Pflanzen

Neue USDA-APHIS Regelungen veröffentlicht

Die novellierte US-Regulierung wird am April nächsten Jahres einige gentechnisch veränderte Pflanzen von der Regierungsaufsicht ausnehmen. Bei den Zulassungsverfahren werden die Eigenschaften der neuen Pflanzen im Vordergrund stehen und nicht mehr das Verfahren, wie sie in die Pflanze gezüchtet wurden.

Keiner behördliche Genehmigung durch die APHIS benötigen Pflanzen (SDN-1, SDN-2, ODM-Verfahren), wenn diese auch durch konventionelle Züchtung erhalten werden oder durch spontane Mutationen entstehen könnten. 

Desweiteren unterliegen gentechnisch veränderte Pflanzen keiner weiteren Regulierung, wenn sie Eigenschaftskombinationen aufweisen, die mit anderen Pflanzen identisch sind, und die APHIS bereits einer regulatorischen Prüfung unterzogen und genehmigt hat. 

Weiterhin unterliegen geneditierte Pflanzen nicht der Regulierung, wenn sie von APHIS bei einer Anfrage des Züchters unter "Bin ich reguliert" grünes Licht erhalten. Die Markteinführung geneditierter Pflanzen in den USA wird erleichtert. 


Die meisten geneditierten Pflanzen unterliegen keiner weiteren Regelung und kommen frei in den Handel. Handelsbeschränkungen mit der Europäischen Union sind damit vorprogrammiert.


USDA-APHIS: Revisions to USDA-APHIS 7 CFR part 340 Regulations Governing the Movement of Organisms Modified 

or Produced Through Genetic Engineering

https://www.aphis.usda.gov/biotechnology/340-secure-rule-eis.pdf

https://www.aphis.usda.gov/biotechnology/340-secure-rule.pdf

https://www.aphis.usda.gov/aphis/ourfocus/biotechnology/biotech-rule-revision/secure-rule/secure-about/340_2017_perdue_biotechreg


18.05.2020


Gentechnisch veränderte Petunien
Mai 1990 erste Freisetzung von gentechnisch veränderten Pflanzen in Deutschland 

Am 14. Mai 1990 wurden in Deutschland erstmals gentechnisch veränderte (gv) Pflanzen freigesetzt. Damals vor 30 Jahren wie auch heute ein Wagnis mit ungewissem Ausgang. Ein Unterschied besteht allerdings: Damals konnte der Versuch noch durchgeführt und beendet werden, 30 Jahre später ist dies fast nicht mehr möglich! 

Bei der ersten Freisetzung in Deutschland handelt sich um gentechnisch veränderte Petunien. Mit der Freisetzung wollen die Forscher unter Leitung von Prof. Saedler (Projektleiter) des Kölner Max-Planck-Instituts für Pflanzenzüchtung das Verhalten und Aktivitäten von „springenden Genen“ (Transposonen) untersuchen. Als Modellpflanze wählten sie Petunien und die Veränderung der Blütenfarbe von lachsrot nach weiß als Indikator für Wirkung des springenden Gens. Das Ergebnis war allerdings anders als erwartet. Nicht wenige Petunien blühten weiß – wie gedacht – sondern sehr viele waren schwach weiß oder rot-weiß getüpfelt. Für die Gentechnikgegner ein Beweis, dass die Ergebnisse aus gentechnischen Veränderungen nicht vorhersagbar sind und die Technik hoch risikobehaftet ist. Für die Wissenschaftler zwar ein Misserfolg aber auch ein Anreiz für weitere Forschungen. Für die Wissenschaft ein Schritt zu neuen Erkenntnissen über epigenetische Geschehnisse.

Der Freisetzungsversuch wurde von Gentechnikgegner heftig kritisiert und bekämpft, aber bis auf einen unbedeutenden Zwischenfall nicht zerstört. Der Versuch konnte über die gesamte Wachstumsperiode laufen und dann auch ausgewertet werden. Das Freisetzen von gv-Pflanzen ist in Deutschland unerwünscht. Die Argumente dagegen sowie die Verfahren zur Verhinderung haben sich in den letzten 30 Jahren kaum verändert. Sie sind aber subtiler, fundamentalistischer und militanter geworden. Nicht zuletzt, aber auch mit vielfältiger und breiter politischer Unterstützung sind Freisetzungen in den letzten Jahren erschwert oder verhindert worden. Seit 2013 gibt es keine Freisetzungen gv-Pflanzen für Forschungszwecke mehr in Deutschland bzw. es wurde nicht gewagt solche durchzuführen. Deutsche Wissenschaftler führen nun Freisetzungen mit deutschen Steuergeldern in der Schweiz oder in Übersee durch. Die Umwelt wurde zumindest in Deutschland vor unkontrollierbaren und risikobehafteten „Genverschmutzungen“ be- und geschützt.


                                                                                                                                     mehr zum Freisetzungsversuch....

Wie so häufig im Leben sieht man sich zweimal. Lachsfarbig blühende Petunien sind attraktiv.

Im April 2017 tauchten solche massenhaft auch in Deutschland in Parkanlagen, Gartencentern und Balkonen und auf. Sie waren gentechnisch verändert! Sie hatten keine EU-Zulassung für das Inverkehrbringen! Interessiert hat dies - außer Überwachungsbehörden - kaum jemanden, keiner hat sich aufgeregt, beängstigt zeigte sich niemand, insbesondere nicht von den Umweltschützern. 


                                                                                        mehr zu dieser "Freisetzung" .........

In den USA wurden 1987 die ersten Freisetzungen von GVO durchgeführt. Acht Freisetzungen sind dokumentiert; drei mit gv-Bakterien und fünf mit gv-Pflanzen. Spektakulär öffentlich bekannt wurden aber nur die beiden Freisetzungen im April 1987 mit einem gentechnisch veränderten Stamm von Pseudomonas syringae, den sogenannten Eis-Minus-Bakterien. Diese beiden Anwendungen als „Frostschutzmittel“ bei Erdbeeren und Kartoffeln gelten in den Annalen der Gentechnik als die ersten Freisetzungen weltweit. 

Der generelle Blick auf dem ersten Freisetzungsversuch in Deutschland zeigt Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Gemeinsam ist, dass,

   a) die Versuchsansteller mit sich mit rechtlichen Problemen auseinandersetzen und sich gegen Angriffe von Gentechnikkritikern 

       und Umweltschützern wehren müssten. Beides verzögerte die Durchführung der Freisetzungen.

   b) beide Versuche aus grundsätzlich unterschiedlichen Gründen nicht den gewünschten Erfolg erbrachten.


Unterschiedlich ist, dass,

   a) in Deutschland das Versuchsfeld nicht von Gegner angegriffen und keine gv-Pflanzen vernichtet wurden.

   b) in den USA beide Versuchsfelder mehr oder minder verwüstet wurden und der Versuch kaum ausgewertet werden konnte.

   c) trotz anfänglichen Radikalismus und Vandalismus hat sich in den USA im Laufe der Zeit Normalität eingestellt und 

       Wissenschaftler können die Erkenntnisse / Ergebnisse aus dem Labor auch in der Umwelt überprüfen.


14.05.2020


«Global Gene Editing Regulation Tracker» gibt weltweite Übersicht zu Anwendung und Stand der gesetzlichen Regulierung 
Die in den letzten Jahren aufgekommenen Verfahren zur gezielten Veränderung des Erbguts (Genome Editing oder Gen-Chirurgie) haben in vielen Bereichen große Fortschritte in der Forschung ermöglicht. Aber auch in der praktischen Anwendung werden diese Methoden zunehmend eingesetzt – sei es zur Verbesserung von Nutzpflanzen, in der Tier-Züchtung, aber auch in der Medizin oder zur Dezimierung von Schädlings-Populationen (Gene Drive). Dabei wird die Anwendung des Genome Editings in verschiedenen Weltregionen sehr unterschiedlich geregelt, auch abhängig vom Einsatz-zweck. So werden in den USA und in wichtigen südamerikanischen Agrar-ländern genomeditierte Pflanzen mit kleinen Erbgut-Veränderungen, ohne eingebaute Fremd-DNA, in erster Linie anhand ihrer Eigenschaften einge-stuft, ohne die restriktiven Zulassungs-Bestimmungen für «gentechnisch veränderte Organismen» (GVO), und können so ohne spezielle Auflagen angebaut werden. In Europa dagegen werden derartige Pflanzen pauschal als GVO eingestuft und ihr Anbau damit massiv erschwert. Viele Länder sind noch dabei, spezifische Bestimmungen für die Anwendung des Genome Editings auszuarbeiten. 

Um eine Übersicht zu dem internationalen Mosaik der gesetzlichen Regelungen zu geben, hat die non-Profit Organisation Genetic Literacy Project die neue Website ► Global Gene Editing Regulation Trackerlanciert. Auf dieser findet sich eine weltweite Zeitskala zu wichtigen Ereignissen zum Genome Editing. Anhand einer klickbaren Weltkarte werden für verschiedene Anwendungsgebiete (Landwirtschaft, Medizin, Gene Drives) die wichtigsten nationalen Bestimmungen zusammengefasst. Die Website gibt einen Über-blick zu der Entwicklung der aktuellen Regulierung, und führt Forschungsprojekte und praktische Anwendungen in den einzelnen Ländern auf. 


Ein Regulierungs-Index zeigt auf, wo im internationalen Vergleich einzelne Länder stehen. Zum Genome Editing bei Nutzpflanzen stehen Brasilien, Argentinien, Israel, die USA und Chile als besonders anwendungsfreundlich und ohne spezielle Einschränkungen für den Anbau ganz oben auf der Liste. Russland, China und Indien finden sich im Mittelfeld, da dort Forschung auf dem Gebiet läuft, und entsprechende Bestimmungen ausgearbeitet werden. Die EU findet sich weit unten, da hier praktische Anwendungen weitgehend eingeschränkt sind. 


Zusammen mit den gesetzlichen Bestimmungen und Anwendungen führt der ► Global Gene Editing Regulation Tracker auch befürwortende und ablehnende Positionen von Nicht-Regierungsorganisationen auf. Damit möchten die Urheber einen Beitrag zu einer innovationsfreundlichen, gut abgewogenen und ethischen Entwicklung von Genome Editing und neuen Züchtungs-erfahren weltweit leisten. 


Quelle: Global Gene Editing Regulation Tracker: Human and Agriculture Gene Editing –Regulations and Index, The Genetic Literacy Project  


mit freundlicher Genehmigung übernommen von Jan Lucht, POINT 2020-02 (213) Februar 2020

►  https://www.scienceindustries.ch/engagements/internutrition/newsletter-archiv 


In Ergänzung: Anwendungsbeispiele und Entwicklungsstatus von genomeditierten Pflanzen wurden im CRISPR-Adventskalender von der ► Progressiven Agrarwende vorgestellt. Dieser wurde nun in eine ► CRISPR-Bibliothek mit Suchfunktion umgewandelt. 


12.04.2020



Anträge der FDP und Bündnis 90/Die Grünen zum Gentechnikrecht abgelehnt 
 
Am 08.05.2019 stellte die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen den Antrag (► 19/9952) „Die Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG in ihrer Regelschärfe auch für die neue Gentechnik beibehalten – Regulierung im Einklang mit dem Vorsorgeprinzip auch in Zukunft sichern“ für eine Beschlussfassung an den Deutschen Bundestag.
Wenig später folgte am 14.05.2019 der Antrag (►19/10166) der Fraktion der FDP „Chancen neuer Züchtungsmethoden erkennen – Für ein technologieoffenes Gentechnikrecht“

Die beiden Anträge sind sehr kontrovers und vielleicht ist es deshalb nicht ganz verwunderlich, dass beide sowohl im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft als auch im Bundestag jeweils mit großer Mehrheit, also auch mit den Stimmen des CDU/CSU und SPD, abgelehnt wurden. 

20.01.2020                                                                                                                                                                                  weiter........

Nationale Bioökonomiestrategie

Das Konzept zur Nationalen Bioökonomiestrategie, das gemeinsam von der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Anja Karliczek, und der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner dem Bundeskabinett vorgestellt wurde, ist 15. Januar 2020 beschlossen wurden.

Kabinettvorlage, 15.01.2020: Nationale Bioökonomiestrategie

https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Landwirtschaft/Bioenergie-NachwachsendeRohstoffe/nationale-biooekonomiestrategie.pdf;jsessionid=FF3EC695D56586E9F160CD19714FFE32.2_cid376?__blob=publicationFile


Bioökonomie: Mit neuer Strategie zum Durchbruch?

Pünktlich zum Wissenschaftsjahr "Bioökonomie" steht auch die Nationale Bioökonomiestrategie. Kaum vom Bundeskabinett beschlossen, wurde das Papier wenige Minuten später von den CDU-Ministerinnen Anja Karliczek (Bundesforschungsministerium) und Julia Klöckner (Landwirtschaftsministerium) vorgestellt. Die zwei CDU-geführte Ministerien wollen sich mit der Nationalen Bioökonomiestrategie bei der Unterstützung von Forschungsprojekten und der Steuerung des Strukturwandels bei der Umstellung der Wirtschaft besser abstimmen und unterstützen. Außerdem sollen Prozesse und handelnde Akteure besser verzahnt werden. 

mehr unter transkript: https://transkript.de/news/biooekonomie-mit-neuer-strategie-zum-durchbruch.html


17.01.2020



Die Kennzeichnung „Ohne Gentechnik“ eine endliche Geschichte?

FGV und FDP erachten die Kennzeichnung „Ohne Gentechnik“ als gesetzeswidrig und als Verbrauchertäuschung

 Am 14. Juni 2019 hielten Minister a.D. Dr. Rehberger (FGV) und Karin Conrad (agrarpolitische Sprecherin der FDP) eine Pressekonferenz unter dem Motto „FGV und FDP fordern: Schluss mit der Verbrauchertäuschung“. Nach ihrer Auffassung ist die Nutzung des Siegels „Ohne Gentechnik“ in weiten Bereichen gesetzeswidrig und führt zu einer massiven Verbrauchertäuschung über die Beschaffenheit der so ausgelobten Lebensmittel. Hintergrund für die Pressekonferenz ist das EuGH-Urteil zu Mutageneseverfahren und ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. Reimund Schmidt-De Caluwe, Universität Halle. Nach dem EuGH-Urteil sind alle durch klassische Mutageneseverfahren erzeugte Pflanzen als gentechnisch veränderte Organismen einzustufen und nach dem Rechtsgutachten dürfen zukünftig keine Lebensmittel mit aus klassischen Mutageneseverfahren gewonnenen Bestandteilen nicht mehr mit dem Siegel „Ohne Gentechnik“ in den Verkehr gebracht werden.


Nach Informationen der Lebensmittelzeitung hat das Forum Grüne Vernunft die großen Handelsunternehmen hinsichtlich einer Kennzeichnung von Lebensmittel „Ohne Gentechnik“ abgemahnt und ihnen eine Frist für eine Erklärung auf dem Verzicht der weiteren Nutzung des Labels „Ohne Gentechnik“ bis zum 01. Juli 2019 gesetzt. Falls sie die Frist nicht einhalten bzw. nicht eine solche Erklärung abgeben, will das Forum Grüne Vernunft die Verantwortlichen in den Unternehmen wegen des dringenden Tatverdachts des fortgesetzten gewerbsmäßigen Betrugs bei den jeweils zuständigen Staatsanwaltschaften anzeigen.
Bestrahltes Getreide

Nach dem EuGH-Urteil (C528/16) zu Mutageneseverfahren stellt die klassische Mutagenese ein gentechnisches Verfahren dar. Es ist Gentechnik!

Aus diesen Verfahren erzeugte und in den Verkehr gebrachte Organismen sind gentechnisch veränderter Organismen (GVO). Aus diesen Organismen gewonnenen Erzeugnisse sind gentechnisch verändert!

Aber nach dem Urteil unterliegen diese GVO und die daraus gewonnenen Erzeugnisse nicht dem Gentechnikrecht. Sie müssen nicht auf ihre Sicherheit bewertet, nicht gekennzeichnet und nicht verfolgt werden!

Aber sind solche Organismen und daraus gewonnene Erzeugnisse ohne Gentechnik im Sinne des Gesetzes und der Verbrauchererwartung?

Die Unternehmen und der Verband Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG) sehen gegenwärtig aufgrund der Gesetzeslage keinen Grund für ein Handeln entsprechend den Vorstellungen des FGV und der FDP. . Sie beziehen sich auf ein Rechtsgutachten von Buchholz und Willand (2019), in dem die Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ als gesetzeskonform gewertet wird.
„Für die Kennzeichnung “ohne Gentechnik“ ist allein der enge GVO-Begriff des Lebensmittelrechts maßgeblich, der die klassische Mutagenese nicht erfasst.
Der Begriff der Irreführung ist nach ständiger Rechtsprechung dahin auszulegen, dass die Verwendung einer rechtlich zulässigen Bezeichnung für sich genommen den Irreführungstatbestand nicht erfüllt.“ 

In gleicherweise argumentiert der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V. (BLL).

Letztlich werden Gerichte hier eine Entscheidung herbeiführen müssen.
Referenzen:
Schmidt-De Caluwe R. (2019): "Ohne Gentechnik"-Siegel als Irreführung des Verbrauchers - Konsequenzen aus dem
Mutagenese-Urteil des EuGH vom 25.7.2018. LMuR 3, 97 – 102

Buchholz G. und Willand A (2019): Lebensmittel ohne Gentechnik und das EuGH-Urteil zur Mutagenese. LMuR 2019, 45)

Pressemeldungen:
Bender H.: FDP nimmt Label unter Beschuss
VLOG-Pressemeldung:  Gentechnik-Befürworter greifen „Ohne Gentechnik“-Kennzeichnung an –Verband Lebensmittel
ohne Gentechnik (VLOG) weist die Kritik als abwegig zurück
BLL-Pressemeldung: Rechtliche Angriffe auf die „Ohne Gentechnik“-Kennzeichnung sind unbegründet
Unabhängige Bauernstimme: Gentechnik-Befürworter greifen „Ohne Gentechnik“-Kennzeichnung an
Merlot J.: Nach EuGH-Urteil Enthält jetzt fast all unser Essen Gentechnik?
Beinahe alle Lebensmittel basieren auf Pflanzen, deren Erbgut künstlich manipuliert wurde. Dennoch tragen sie häufig das "Ohne Gentechnik"-Label. Experten streiten, ob das legal ist oder Verbrauchertäuschung.
AFP: Crops produced with mutagenesis misleadingly labeled ‘non-GMO’ in Germany, biotech industry trade group says
tg: GM proponents grill German government
German GM proponents have taken action against discrimination of food products generated by gene editing.

siehe auch: EuGH-Urteil "Mutagense": Konsequenzen für die Kennzeichnung „Ohne Gentechnik“?


Kennzeichnung „ohne Gentechnik“
Milch und Geflügel - ohne Gentechnik

Foodwatch:  Was das „Ohne Gentechnik“-Siegel aussagt –  und was nicht

Gut ist die Auslobung bei pflanzlichen Lebensmitteln: Hier
bedeutet das Siegel, das genveränderte Bestandteile noch
nicht einmal in Spuren enthalten sein dürfen.

Anders bei Tierprodukten. Hier ist die grüne Raute vielmehr
 ein „Fast-aber-nicht-ganz-ohne-Gentechnik-Siegel“.
Die freiwillige Auslobung von Lebensmitteln mit „ohne Gentechnik“ ist seit 1998 in Deutschland erlaubt. Im Zeitraum 1998 bis 2008 gab es allerdings nur sehr wenige Erzeugnisse (meist Milch), die mit „ohne Gentechnik“ gekennzeichnet waren. Die gesetzlichen Anforderungen für diese Auslobung waren in der NVL ( Neuartige Lebensmittel- und Lebensmittelzutaten-Verordnung, § 5) sehr restriktiv, selbst der Einsatz von gv-Tierarzneimitteln war verboten. Verbraucher, die sich damals für den Kauf eines mit „ohne Gentechnik“ ausgelobten Produktes entschieden, konnten darauf vertrauen, dass das Produkt auf keiner Entstehungsstufe mit „Gentechnik“ in Berührung gekommen war. Das Wort „ohne“ hatte im Gesetz seine Bedeutung entsprechend dem Sprachverständnis behalten.

Handel, insbesondere der Einzelhandel, und Politik wollten einen verstärkten Markt für Erzeugnisse für „ohne Gentechnik“ schaffen. Mit in Krafttreten des EG-Gentechnik-Durchführungsgesetzes
( EGGenTDurchfG) im April 2008 wurden die Voraussetzungen für die Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ gelockert. Die Änderungen betrafen vornehmlich tierische Erzeugnisse (Milch. Eier, Fleisch). Mit den Änderungen sollten einerseits die Auslobung mit der möglicherweise verkaufsfördernden Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ für Lebens- mittelproduzenten erleichtert werden und anderseits Verbrauchern ein erweitertes Angebot an Lebensmittel „ohne Gentechnik“ zur Verfügung stehen. Verbraucher, die heute sich bewusst zum Kauf solcher ausgezeichneter Waren entscheiden, können in vielen Fällen sicher sein, dass die Produkte während ihrer Entstehungsstufe mit Gentechnik in Berührung gekommen sind. Der Gesetzgeber hat die Bedeutung des Wortes „ohne“ dahin abgeändert, dass unter „ohne“ auch ein wenig oder ein bisschen verstanden werden kann. Was ein wenig oder ein bisschen sein kann, hat er aber nicht explizit definiert. Wahrscheinlich bewegt sich der Bereich zwischen 0,1% - 0,9% Gentechnikanteil.

Voit und Grube (2013) führen in ihrem Kommentar zur Lebensmittelinformationsverordnung VO (EU) Nr. 1169/11 zu Art. 7, Rn 139-141  hinsichtlich der Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ aus: „Stimmen in der Literatur sehen deshalb in der Regelung des EG-Gentechnik- Durchführungsgesetzes zur Auslobung „ohne Gentechnik“ eine gesetzliche autorisierte Verbrauchertäuschung. Da diese Angabe gesetzlich zulässig ist, kommt zumindest für den Raum der Bundesrepublik Deutschland die Annahme einer Irreführung im Sinne von Art. 7 nicht in Betracht, wenn und soweit die gesetzlichen Anforderungen an die Auslobung eingehalten werden (Leible, ZLR 2010,285; Wehlau, §11, Rn.59; Wiemers. ZLR, 2009,695 (707)).

Zur Erinnerung: 20 Jahre Import von gv-Sojabohnen
Sojabohnen
Am 6. November 1996 wurden erstmals gentechnisch veränderte Sojabohnen (Roundup-Ready-Sojabohnen, GTS 40-3-2) der Firma Monsanto mit dem Frachtschiff „Ideal Progress“ im Hafen von Hamburg angelandet. Der Anteil an gv-Sojabohnen in der Gesamtfracht ist unbekannt.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace e.V. greift verstärkt in Kampagnen gegen Gentechnik in Lebensmitteln ein und projiziert ihre Forderung „Kein Gentech-Soja in unsere Lebensmittel!“ an die Schiffswand.

Diese herbizid-tolerante Sojabohne war die erste gentechnisch ver- änderte Pflanze, die für die Vermarktung in der EU zugelassen wurde. Inzwischen sind 15 gv-Sojabohnen für den Import in die EU zuge- lassen. 2015 wurden ca. 6,9 Millionen Tonnen Sojabohnen einschließlich Sojaschrot nach Deutschland importiert und der Anteil an gv-Soja dürfte zwischen 75 – 80% liegen.
  Der Industrieverband Agrar (IVA) zog in dem Beitrag "20 Jahre Grüne Gentechnik" eine Bilanz.
Der Wissenschaftlerkreis Grüne Gentechnik e.V. (WGG) hat eine Chronik zur Grünen Gentechnik in Deutschland erstellt. "Mal der
    Reihe nach: Wie war das mit der grünen Gentechnik (in Deutschland)?!"


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